Wir beurteilen das derzeitige Marktumfeld als selektiv herausfordernd, zugleich aber auch chancenreich. Die Zeit breit gestreuter, indexnaher Engagements ist vorüber. Die gegenwärtige Marktrealität verlangt eine fokussierte, qualitativ hochwertige und währungsbewusste Anlagestrategie. Empfehlungen:
Übergewichtung europäischer Qualitätsaktien, insbesondere in Deutschland, Österreich, UK und Italien.
Selektive Positionierung in der Schweiz, mit Schwerpunkt auf defensive Binnenwerte.
US-Aktien von innovativen Unternehmen die von der anhaltenden Schwäche des US-Dollars profitieren können.
Meidung politisch instabiler Schwellenländer, insbesondere rohstoff- und USD-abhängiger Märkte wie Brasilien.
Aktien: insgesamt positiv
Zur Jahresmitte 2025 zeigt sich das globale Wirtschaftsumfeld differenziert. In den USA verdichten sich die Anzeichen einer konjunkturellen Abschwächung. Der private Konsum verliert an Dynamik, die Arbeitslosenquote sinkt zwar leicht, aber im Dienstleistungssektor beginnt sich der Arbeitskräftemangel trotzdem zu entspannen. Zugleich sorgt das gross angelegte Fiskalpaket der neuen US-Regierung – „One Big Beautiful Bill“ – für Unruhe an den Kapitalmärkten. Steuererleichterungen und Ausgabenkürzungen sollen kurzfristig Wachstumsimpulse setzen, erhöhen jedoch das strukturelle Haushaltsdefizit massiv. Schätzungen gehen von einer zusätzlichen Staatsverschuldung in Höhe von bis zu 5,5 Billionen US-Dollar in den kommenden zehn Jahren aus.
In Europa zeigen sich erste Anzeichen einer zyklischen Bodenbildung. Die Frühindikatoren stabilisieren sich, die Inflationsraten gehen spürbar zurück, gleichzeitig verbessert die unberechenbare US-Zollpolitik die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Exporte ausserhalb der USA. Auch die fiskalpolitischen Rahmenbedingungen und Infrastruktur- und Klimaneutralitätsprogramme wie etwa in Deutschland, Italien und Spanien – werden wieder expansiver interpretiert. In China hingegen bleibt die wirtschaftliche Erholung fragil. Die Schweiz zeigt sich fundamental robust, leidet jedoch zunehmend unter der anhaltenden Frankenstärke, die zu einer Belastung für exportorientierte Grossunternehmen wird.
Die Finanzmärkte verzeichneten im zweiten Quartal 2025 eine gemischte Entwicklung. Besonders deutlich werden die regionalen Unterschiede, wenn man die Performance um Währungseffekte bereinigt. Der US-Dollar hat seit Jahresbeginn gegenüber dem Schweizer Franken über 13 % an Wert verloren. Für CHF- und EUR-Anleger bedeutet das, dass nominell positive Entwicklungen an den US-Börsen in realer Heimatwährung vielfach in negative Renditen umschlugen. Der Dow Jones, der S&P 500 und der Nasdaq verzeichneten aus Sicht eines Euro-oder Franken-Investors Verluste zwischen 7 % und 9 %.
Auch in Europa verlief das zweite Quartal uneinheitlich. Der STOXX EUROPE 50 fiel um 2 %, der französische CAC 40 und der Schweizer SPI jeweils um 1,6 %, der SMI verlor sogar5,4 %. Gleichzeitig entwickelten sich einzelne Märkte deutlich positiv: Der DAX stieg um 7,9 %, der österreichische ATX um 8,7 %. Der spanische IBEX und der norwegische OBX legten jeweils 6,5 % zu, während japanische Aktien mit +13,7 % zu den globalen Gewinnern zählten.
Diese Entwicklungen verdeutlichen, dass einfache Benchmark nahe oder breite Indexinvestments nicht mehr ausreichen, um Kapitalerhalt und reale Rendite zusichern.
Das firmeneigene Chancenbarometer (CAIB) bleibt für Aktien insgesamt positiv, gewichtet jedoch selektiv. Die internationalen Marktberichte – insbesondere die Analysen von UBS (House View) und das CIO Strategy Bulletin (Citi) – bestätigen diese Einschätzung.
Geografische Schwerpunktsetzung: Europäische Märkte –insbesondere Deutschland, Italien, Grossbritannien, Österreich, Spanien und Italien – werden stärker gewichtet. Dort sprechen aktive Konjunkturprogramme, solide Unternehmensbilanzen und politische Stabilität für überdurchschnittliches Potenzial. Die Schweiz bleibt selektiv zu bewerten, insbesondere im Hinblick auf exportorientierte SMI-Konzerne, die bilanztechnisch unter dem starken Franken leiden. Für US-Aktien wird eine neutrale Haltung eingenommen, wobei neue Engagements in innovative Unternehmen bei währungsabgesicherter Struktur empfohlen werden. Politisch instabile und währungsanfällige Schwellenländer, wie etwa Brasilien, bleiben untergewichtet.
Zudem liegt der Fokus klar auf Qualitätsaktien. Bevorzugt werden Wachstumsunternehmen mit stabilen Cashflows, hoher Preissetzungsmacht und widerstandsfähigen Geschäftsmodellen. Dazu zählen insbesondere Medizintechnikunternehmen, Infrastrukturanbieter, Softwarefirmen sowie Rückversicherer. Dividendenstarke Titel aus den Bereichen Telekommunikation und Versorgung bieten zusätzliche Stabilität. Zyklische Konsumwerte, Automobilaktien und rohstoffabhängige Unternehmen bleiben kritisch, da sie stark auf globale Nachfrage und geopolitische Entwicklungen reagieren.
Die jüngste Schwäche des US-Dollars verdeutlicht einmal mehr die Bedeutung eines strukturierten Währungsmanagements. Bei neuen Engagements in USD erscheint eine ergänzende Absicherung angezeigt; alternativ kann eine übergeordnete Reduktion der USD-Allokation in anderen Anlageklassen in Erwägung gezogen werden.
Rico Albericci, CEFA
Quellen: Citi Wealth, UBS, Chefinvest, Marketmap
Stand: 07.07.2025