Anlagekommentar
September 2022
Hier erhalten Sie das PDF als Druckversion.

Klicken Sie auf die Bilder um unsere Kommentare zu den einzelnen Themen anzuzeigen.

Schweiz

Keine Rezession

Auf den ersten Blick konnten die geopolitischen Unsicherheiten der Schweizer Wirtschaft wenig anhaben. Viele Unternehmen produzieren an der Kapazitätsgrenze und die Nachfrage nach Arbeitskräften ist weiterhin hoch. Allerdings hat sich die Konsumenten Stimmung gemäss der letzten SECO-Umfrage deutlich eingetrübt. Die Haushalte schätzen ihre künftige finanzielle Lage als schwierig ein, da die Haushaltbudgets durch die höheren Preise belastet werden. Auch eine von den meisten Ökonomen erwartete Exportabschwächung scheint sich nun zu materialisieren; die Einkaufsmengen der Industrieunternehmen sinken und die Lagerbestände nehmen zu. Folglich könnte die Produktion in den nächsten Monaten zurückgehen. Das SECO senkt ihre Wachstumsprognose deutlich auf 2%. Sofern eine Energiekrise im kommenden Winter abgewendet werden kann, erscheint eine Rezession aber noch unwahrscheinlich. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass der Arbeitsmarkt äusserst robust ist. Die Arbeitslosigkeit ist weiter zurückgegangen und die Zuwanderung ist entsprechend wieder auf Rekord Niveau angestiegen, was die Inlandnachfrage stützt.

SECO Konjunkturprognose

BIP 2022 +2.0%
Inflation +3.0%
SARON 3 Mt. 0.50%

Quelle: Seco und ZKB

Dino Marcesini, Partner

Unser Fazit: Die Schweizer Unternehmen geben die Preiserhöhungen zunehmend weiter und können so die Gewinnmargen halten. Die SMI Aktien werden derzeit unter dem historischen Durchschnittspreis gehandelt und bieten langfristig Potential. Da die Inflationsraten für längere Zeit über dem von der SNB angepeilten Inflationsband liegen, dürfte der Zinserhöhungszyklus auch nach der eben erfolgten kräftigen Zinserhöhung von 0.75% weiter gehen, was die Aktienmärkte verunsichern wird. Die Volatilität wird hoch bleiben.

Schweiz

Europäische Union

Hohe Inflation bei geringerem Wachstum

Im zweiten Quartal 2022 ist die Wirtschaft des Euroraums überraschend kräftig um 0.8% gewachsen. Der Grund lag vor allem bei den hohen Konsumausgaben für Dienstleistungen, sowie Investitionen und der Zunahme der Reisetätigkeiten (infolge der Aufhebung der pandemiebedingten Einschränkungen) wovon besonders Länder mit bedeutendem Tourismussektor profitierten. Anhaltende Lieferengpässe und die hohen Energiekosten wirken sich jedoch negativ auf die Unternehmen aus.

Positiv zu werten ist, dass sich der Arbeitsmarkt weiterhin robust zeigt. Die Zahl der Erwerbstätigen erhöhte sich im zweiten Quartal um mehr als 600'000 und die Arbeitslosenquote lag im Juli mit 6.6% auf einem historischen Tiefstand.

Die Gesamtinflationsrate in der Eurozone hat im August die Neun-Prozent-Marke geknackt und mit 9.1% (Juli 8.9%) einen neuen Rekordwert erreicht. Die August-Rate ist die höchste seit Einführung des Euro als Buchgeld im Jahre 1999. Die Teuerung wurde besonders durch den starken Anstieg der Energiepreise (plus 38.3% gegenüber Vorjahresmonat) getrieben. Zusätzlich beschleunigte sich der Preisauftrieb bei Lebens- und Genussmitteln sowie Industriegütern und Dienstleistungen. Die Kerninflation stieg im August von 4.0 auf 4.3%.

Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone hat im August den zweiten Rückgang in Folge verzeichnet. Die Industrieproduktion wurde zum dritten Mal hintereinander mit beschleunigter Rate zurückgefahren und der Servicesektor verzeichnet erstmals seit März 2021 leichte Geschäftseinbussen. Der S&P Global Flash Eurozone Composite PMI sank binnen Monatsfrist um 1 Punkt auf 48.9 und notierte damit zum zweiten Mal hintereinander unter der Marke von 50 Punkten, ab der Wachstum angezeigt wird.

Aktuelle Inflation (EZB/HICP)   +9.1 % (08.22)
aktueller 3 Monats Libor +1.063 %
BIP-Wachstum 2022   +3.1% (E)

Quelle: S&P Global und Eurostat

Daniel Beck, Mitglied der Geschäftsleitung

Unser Fazit: Anlässlich ihrer September-Sitzung hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit der bisher grössten Zinserhöhung in ihrer Geschichte ein klares Signal gesetzt. Sie hat die Leitzinssätze um jeweils 75 Basispunkte (BP) angehoben. Der Einlagezinssatz liegt nun bei 0.75% und der Hauptrefinanzierungszinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken bei der EZB frisches Geld leihen können, bei 1.25%. EZB-Chefin Lagarde stellte weitere Zinserhöhungen in den nächsten Monaten in Aussicht, da damit zu rechnen ist, dass die Inflation laut EZB längerfristig auf hohem Niveau verharren wird. Sie betonte, dass angesichts des anhaltenden Drucks auf die Energiepreise damit gerechnet werden muss, dass die Teuerung in den kommenden Monaten zweistellige Werte erreichen wird.

Die meisten Volkswirte sind der Meinung, dass der neutrale Zins, der eine Wirtschaft weder anschiebt noch bremst, im Euro-Raum bei etwa 1.5 bis 2.0% erreicht wird. An den Börsen wird damit gerechnet, dass die EZB die Zinsen bis zum nächsten Frühling auf über 2.5% anheben wird.

Die EZB geht davon aus, dass in der Eurozone mit einem weiteren Anstieg der Inflationsrate zu rechnen ist. Für das laufende Jahr prognostiziert sie neu eine Teuerungsrate von 8.1%, nachdem im Juni noch 6.8% antizipiert wurden. Im kommenden Jahr soll die Inflation dann auf durchschnittlich 5.5% (Juni-Prognose: 3.5%) und im Jahr 2024 auf 2.3% (Juni-Prognose:  2.1%) sinken.

Nach einer Erholung des Wirtschaftswachstums im Euroraum im ersten Halbjahr deuten jüngste Daten auf eine erhebliche Verlangsamung hin. Die Unsicherheit in der Eurozone ist nach wie vor gross und das Vertrauen gesunken. Der Kampf gegen die Inflation und Rückzug aus der ultralockeren Geldpolitik, Ukraine-Krieg und die Energiekrise sind enorme Herausforderungen für Europa. Die EZB rechnet für den weiteren Verlauf und das erste Quartal 2023 mit einer wirtschaftlichen Stagnation. Fachleute der EZB erwarten für das laufende Jahr ein Wachstum von +3.1% (Juni-Prognose: +2.8%). In den folgenden beiden Jahren wird aber eine klar schwächere BIP-Wachstumsrate von +0.9% (bisher +2.1%) und +1.9% (bisher +2.1%) erwartet.

Europäische Union

United Kingdom

USA

Die Geldpolitik des FED wird restriktiv

Im August ist der S&P Gesamt-Einkaufmanagerindex (Composite PMI) für die USA von 47.7 im Juli weiter auf 44.6 Punkte gefallen. Während der Teilindex des produzierenden Gewerbes in dieser Periode von 51.5 auf 52.2 zulegen konnte, fiel der Teilindex Dienstleistungen von 47.3 auf 43.7. Der Indexstand deutet darauf hin, dass in 6 Monaten mit einer stagnierenden bis schrumpfenden Wirtschaft zu rechnen ist. Technisch gesehen befanden sich die USA im ersten Halbjahr 2022 bereits in einer Rezession (GDP 1. Quartal 2002 = -1.6% und 2. Quartal 2022 = -0.6%). Aufgrund der Stärke in verschiedenen Wirtschaftssektoren und des Arbeitsmarktes ist aber nicht davon auszugehen, dass dies bereits der Fall ist. Dies sieht auch ‘The Conference Board’ in seinem Bericht vom 14. September 2022 so und erwartet für dieses Jahr ein US Wirtschaftswachstum von 1.4% und nächstes Jahr von noch 0.3%.

Die US Inflation ist im August auf 8.3% gefallen. Dies war zwar ein Rückgang von 0.2% gegenüber Juli und ein Minus von 0.8% gegenüber Juni, doch wurden damit die Markterwartung von 8.1% verfehlt. Zusätzlich erhöhte sich die Kerninflationsrate (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) im August um 0.4% auf 6.3%.

Aufgrund dieser Entwicklung galt eine weitere 0.75% Erhöhung der Fed Fund Rate im Vorfeld der Fed Sitzung vom 21. September 2022 von 2.50% auf 3.25% im Markt bereits als ausgemachte Sache. Mit den August Inflationszahlen sind auch die Markterwartungen gestiegen, wie hoch die Fed Fund Rates in diesem Zinszyklus steigen werden. Die Zentralbank kommunizierte nun am 21.9. seine auf der heutigen Datenlage basierende Einschätzung, dass es den Fed Fund Rate bis Ende Jahr auf 4.25 bis 4.5 erhöhen wird. Damit gelangt die Geldpolitik in einen restriktiven Modus. Für nächstes Jahr ist die Durchschnittsprognose der Fed-Mitglieder für den Fed Fund Rate 4.6%, was auf ein Ende des Zinserhöhungszyklus im 2023 schliessen lässt.

Immerhin zeigt der Arbeitsmarktbericht für August eine gewisse Entspannung: Es wurden zwar mit 315'000 Stellen ausserhalb der Landwirtschaft 15'000 Stellen mehr als erwartet geschaffen, doch stieg die Erwerbsquote von 62.1% auf 62.4 % und die Arbeitslosenquote von 3.5% auf 3.7%.Gegenüber dem Vormonat stagnierten im August die Löhne.

Im zweiten Quartal 2022 haben gemäss FactSet 75 % der S&P 500 Unternehmen die Gewinnerwartungen und 70% die Umsatzerwartungen geschlagen. Die Gewinne wuchsen damit gegenüber dem Vorjahresquartal 6.7 % und die Umsätze 13.6%. Für das dritte Quartal 2022 wird ein Gewinnwachstum von nur noch 3.5% erwartet (gegenüber 9.8 %, die noch Ende Juni erwartet wurden). Dadurch ist das Kurs-/Gewinnverhältnis des S&P 500 auf Basis der für die nächsten 12 Monaten erwarteten Gewinne auf 16.4 gestiegen, was aber immer noch 12% unter dem Fünfjahresdurchschnitt von 18.6 und 3.5% unter dem Zehnjahresdurchschnitt von 17 liegt.  

BIP 2022: +1.4%
Inflation: +8.3%
Fed Fund Rate: +3.2%

Quelle: FactSet

Dr. Patrick Huser, CEO

Unser Fazit: Der Markt nimmt eine leichte Rezession im 2023 bereits vorweg. Wir erwarten, dass mit der Wirtschaftsabschwächung im nächsten Jahr auch die Inflationszahlen substantiell zurückgehen und die Fed im Verlaufe des 2. Quartal die restriktive Geldpolitik wieder zu lockern beginnt. Durch die gegenwärtigen Inflations- und Wachstumsunsicherheiten dürften die Märkte in den nächsten Wochen weiter volatil bleiben. Sobald sich aber die Inflationszahlen deutlich zurückbilden, ist eine starke Markterholung zu erwarten.

China

Klare Wahlen

Die wirtschaftlichen Daten aus China sind für den Monat August leicht besser ausgefallen als erwartet. Die Detailhandelsumsätze haben zugelegt. Die Industrieproduktion notierte ebenfalls besser, auch wenn die Unternehmen wegen der Hitzewelle mit einer Strommangellage zu kämpfen hatten. Der angeschlagene Immobiliensektor sorgt immer wieder für Unruhe und belastet das Wirtschaftswachstum. In den vergangenen Monaten mussten zahlreiche Immobilienentwickler wegen Liquiditätsengpässe Bauprojekte sistieren. Die Banken halten sich mit neuen Krediten zurück, und die gestiegenen Ausfallraten erschweren die Liquiditätsbeschaffung am Kapitalmarkt. Die Zentralbank stellt neu den Geschäftsbanken finanzielle Mittel für Kredite an Immobilienentwickler zur Verfügung, um die Kreditklemme zu lösen. Dazu versucht die Zentralbank durch tiefere Zinsen die Nachfrage zu stimulieren. In den kommenden Wochen werden wichtige politische Weichen gelegt. Der 20. Nationalkongress der Kommunistischen Partei Chinas findet in Peking statt und wird am 16. Oktober 2022 eröffnet. 2'300 Delegierte werden die geschätzten 95 Millionen Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas vertreten. Es wird erwartet, dass Xi für eine dritte Amtszeit gewählt wird. Es würde überraschen, wenn es zu einer Änderung der allgemeinen Richtung käme. Neben der Konzentration auf das Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum werden wahrscheinlich auch die nationale Sicherheit, die technologische Autarkie und die langfristige Dekarbonisierungsziele festgelegt.

BIP 3.3%
Inflation 2.1%
Shibor 3mt 1.61%

Quelle: IMF

Dino Marcesini, Partner

Unser Fazit: Derzeit spricht wenig für eine rasche Wirtschaftserholung. Die Aktienmärkte sind nach den starken Rückgängen nicht teuer. Doch die international angespannte politische Situation und die unklare Wirtschaftsentwicklung mahnen zur Vorsicht.

Japan

Land der aufgehenden Sonne?

Japan ist neben den Vereinigten Staaten und China eins der drei größten Volkswirtschaften der Welt. Zu bemerken ist, dass das Land mit seinen rund 126 Millionen Einwohnern nicht gerade zu den bevölkerungsreichsten Ländern der Welt gehört, ist dies in der Zukunft ein Vorteil? Weder verfügt Japan über reichlich Bodenschätze noch über großes landwirtschaftliches Potenzial (nur 15% des Landes können landwirtschaftlich genutzt werden). Trotzdem ist es eine Volkswirtschaft mit Potential dank der modernen Technologie und Industriegüter. Allein im Jahr 2021 wurden Waren im Wert von rund 756 Mrd. US-Dollar aus Japan exportiert. Dies entspricht einem Anstieg von rund 115 Mrd. US-Dollar im Vergleich zum Vorjahr. Kraftfahrzeuge machten dabei 18%, Maschinen, elektrische Geräte und Apparate 14% der gesamten Exportgüter aus. Die meisten Produkte exportiert Japan nach Asien und in die USA. Seit dem Freihandelsabkommen mit der EU im Jahr 2019 wächst aber auch die Bedeutung des europäischen Marktes. Die Japanische Zentralbank verfolgt eine andere Geldmarktpolitik als die anderen vergleichbaren Volkswirtschaften der Welt und der Yen hat seinen Tiefstand erreicht gegen den USD. Ein tiefer Yen ist gut für die einheimische Wirtschaft, da die Hälfte der Einnahmen ausserhalb von Japan erwirtschaftet wird.

BIP Veränderung 2021 2.7%
Inflation Juli 2022 2.6%
Japanischer Leitzins -0.1%

Quellen: IMF und Bloomberg

Mimi Haas, Lic. rer.pol. HSG, M.A. in Banking and Finance HSG, Partner

Unser Fazit: Für Anleger, die kurz- oder mittelfristig anlegen wollen, können sich japanische Aktien durchaus lohnen, bei dem Marktumfeld kann es aber auch hier zu einer höheren Volatilität kommen. Der Aufwärtstrend am Aktienmarkt dürfte auch die nächsten Jahre anhalten. Hier heisst es den Markt zum Beispiel via einem ETF zu kaufen. Wer jedoch plant, langfristig am japanischen Börsenmarkt zu investieren, sollte sich zuvor mit den Herausforderungen des Landes (Alterspyramide und Auswirkungen auf die Wirtschaft und eine hohe Staatsverschuldung) auseinandersetzen. 

Schwellenländer

Starke Zinserhöhungen

Die vorliegenden Daten für das 2. Quartal zeigen, dass sich die Konjunkturdynamik in den meisten Volkswirtschaften abgeschwächt hat. Die hohe Inflation dämpft die Konsumfreudigkeit der Haushalte und die hohen Zinsen mindern die Investitionen der Firmen. Im Zuge der globalen Konjunkturabkühlung wird auch die Exporttätigkeit geschwächt. Viele Notenbanken haben in den vergangenen Monaten die Leitzinsen kräftig angehoben, um den Druck auf die Inflation und auf den USD-Wechselkurs zu reduzieren. Während in den Lateinamerikanischen und Osteuropäischen Länder die Zinserhöhungsphase weit fortgeschritten sind, planen die Asiatischen Zentralbanken mehrere Zinserhöhungsschritte.

Quelle: Bloomberg, Refinitiv und ZKB

Dino Marcesini, Partner

Unser Fazit: Die weltweit schwächere Konjunkturaussicht, sowie die hohen Inlandinflationsraten verbunden mit einer schwachen Heimwährung belasten die Schwellenländer. Derzeit spricht wenig für Neuanlagen.

Schweiz

Aktien

Die FED spielt den Blues

Die Finanzmärkte entwickelten sich in den vergangenen Wochen aussergewöhnlich schlecht.

Am Dienstag, dem 13. September 2022, wurde bekannt, dass der US-Verbraucherpreisindex im August um 0.1% gestiegen ist, anstatt wie erwartet um 0.1% zu fallen. Die Kerninflationswerte stiegen im Monatsvergleich um 0.6%, während die Erwartungen bei der Hälfte lagen. Die Antwort der Märkte war harsch und international. Warum sollte eine so geringe positive Veränderung des Verbraucherpreisindex einen so starken Marktrückgang verursachen?

Zweifellos ist ein Mix aus möglicher US Rezession mit einer weltweiter Reichweite von unbestimmter Tragweite, die Auswirkungen höherer Energiepreise auf europäische Haushalte und Unternehmen, die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft nach dem Parteitag und der Ausgang des Ukraine-Krieges für diese Marktverwerfungen mitverantwortlich. Aber die Aktien- und die Anleihenmärkte werden am meisten durch das Fed selbst beunruhigt. Da die Inflation in den USA kaum zu bremsen scheint, sind die Zins- und Bilanzmassnahmen der Fed sowohl scharf als auch beispiellos und strahlen weltweit aus. Die Gretchenfrage dabei scheint zu sein: Wie viel Straffung kann die Wirtschaft verkraften, bevor die Kreditkosten soweit steigen und die Verfügbarkeit von Krediten gefährlich sinkt? Die Federal Reserve ist auf jeden Fall entschlossen, die Inflation dringend zu bekämpfen. Weitere Zentralbanken folgen. Dazu stehen ihnen zwei wichtige Instrumente zur Verfügung. Das erste ist ein herkömmliches Instrument, die Anhebung der kurzfristigen Zinssätze. Ein zweites Instrument ist die Straffung der Bilanz des Fed resp. der Zentralbanken. Diese Quantitative Straffung (QT) ist das Gegenteil von QE. Die Fed verkauft ihre Anleihen oder lässt sie fällig werden, wodurch die Kreditvergabe der Fed an die Wirtschaft reduziert wird. Das verleitet die Anleger, das Geld möglichst kurzfristig zu parken. 

Der Verlauf der Märkte gilt zwar als ein Frühindikator für die Gewinne in der Wirtschaft im darauffolgenden Jahr (2023). Diese scharfe Korrektur widerspricht aber den rosigen EPS-Prognosen von Analysten und Strategen für die Gewinne im Jahr 2023. Auch hat der tatsächliche Rückgang der Gewinne und der Beschäftigung noch nicht begonnen. Zurzeit ist der Zeitpunkt des nächsten Wirtschaftserholung tatsächlich schwer zu prognostizieren, da sich das Ausmass des jetzigen Abschwungs schwer abschätzen lässt. Angesichts dieser Aussichten und der bisherigen Rückgänge an den Aktienmärkten meiden Anleger zyklische Werte, solange die Rezession noch nicht begonnen hat. In der Zwischenzeit parken viele Anleger ihr Kapital in den gestiegenen Zinssätzen oder in Aktien mit Value Charakter.

Quelle: FED

Rico Albericci, CEFA

Unser Fazit: Die Märkte haben bereits stark korrigiert und weisen eine eher tiefe Bewertung aufgrund der hohen Prognoseunsicherheit auf. Trotzdem sind wir weiterhin der Ansicht, dass es verfrüht ist, zyklische Werte aufgrund der Erholungsaussichten zu kaufen, solange die Zinsstabilisierung noch nicht begonnen hat. Wir bevorzugen weiterhin dividendenstarke Qualitätsaktien mit einen Geschäftsmodell, das den Unternehmen hohe Cashflows generiert.

Zinsen

Revival: Traditionelle Rolle als Diversifikator?

In den jetzigen Phase, die selten vorkommt, in den die Renditen von Aktien und Anleihen gleichzeitig nachgeben, folgt meistens danach eine gute Entwicklung.

Staatsanleihen

Die Renditekurve von US-Treasuries hat sich seit dem Beginn des 2. Halbjahres stark invertiert. Die Inflation ist weiterhin hoch und die Rezessionsrisken sind gestiegen. Angesichts der Entschlossenheit der Fed, die Preisstabilität wiederherzustellen dürfte die geldpolitische Straffung momentan im Vordergrund stehen.

Sowohl die nominalen als auch die realen Renditen dürften kurzfristig aufwärts tendieren, wenn auch mit einem langsameren Tempo als im 1. Halbjahr 2022, da die Finanzierungsbedingungen allgemein bereits erheblich restriktiver geworden sind. Europa zeigt hier ein ähnliches, aber düsteres Bild. Die Gefahr einer Rezession, die steigenden Leitzinsen, die Wachstumsrisken und die politischen Unsicherheiten führen zu höheren Spreads zwischen italienischen und deutschen Anleihen.

Unser Fazit: Wir sehen Staatsanleihen eher neutral.

Investment-Grade-Anleihen (IG)

Für Anleger welche die Attraktivität europäischer Unternehmensanleihen nutzen möchten, können diese in USD notiert eine interessante Lösung sein.

Im IG-Bereich bevorzugen wir angesichts der anhaltend hohen Inflations- und Rezessionsrisiken zyklische Sektoren und vorrangige Finanzwerte. Des Weiteren sind in kurzen Laufzeiten ein höheres Potential an Rendite zu finden.

Unser Fazit: Wir sind bei Investment-Grade-Anleihen (IG) im Augenblick zurückhaltend.

High Yield Anleihen (HY)

Die soliden Bonitätsdaten, vor allem bei US-HY-Energietiteln, dürften die jüngsten gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten ausgleichen. Das Extremrisiko einer abrupten Spreadausweitung, vor allem in langfristigeren Bereichen, nimmt jedoch zu. Die geopolitischen Spannungen komplizieren das ohnehin prekäre Gleichgewicht aus den binnenwirtschaftlichen Aussichten, der bedeutenden Preissetzungsmacht der Unternehmen und der Rücknahme der expansiven Geldpolitik durch die Zentralbanken zur Eindämmung der Inflation.

Unser Fazit: Wir sind weiterhin der Ansicht, dass qualitativ hochwertige HY-Unternehmensanleihen eine gute Diversifikation in einem Bondportfolio bieten können. Dabei sollte man auf eine höhere Qualität in dem Segment und eine kürzere Duration setzen.

Emerging Markets Anleihen (EM)

EM bieten einen Renditeaufschlag für ein höheres Ausfall- und Währungsrisiko. Die Wirtschaftsdaten sind immer noch besser als erwartet. Auch eine auslaufende Zinserhöhung der westlichen Zentralbanken, welche im Jahr 2023 stattfinden können, sind für dies Anleihen positiv. Mit 8% Rendite (Inflationschutz) sind EM in Hartwährungen (Wechselkurrisiko minimiert) interessant für den Anleger, welche bereit sind das Risiko einzugehen.

Unser Fazit: Wir erachten es für risikoreichere und kurzfristige Anleger interessant in EM in Hartwährungen zu investieren. Um das Risiko des Ausfalls zu reduzieren sollten ETFs mit einer kürzeren Duration in Betracht gezogen werden.

Quelle: F&W, Bloomberg und Financial Times

Mimi Haas, Lic. rer.pol. HSG, M.A. in Banking and Finance HSG, Partner

Währungen

Safe Haven, Zentralbanken und Zinsen beeinflussen die Währungen seit Jahresbeginn.  

EUR/USD (22.09.2022 0.98)

Der Euro fällt weiterhin gegenüber dem Greenback, der als ein sicherer Hafen gilt. Auch wenn die EZB die Zinsen anhebt und die Zinsdifferenzen nicht viel weiter auseinander gehen werden, wird der Zinsvorteil im USD bestehen bleiben. Der Trend wird sich fortsetzen.

Unser Fazit: Die bestehende Zinsdifferenz und die geopolitische Lage stärken den Dollar weiterhin. Der Trend den wir seit dem Beginn des Jahres sehen ist ungebrochen.

EUR/ CHF (22.09.2022 0.97) 

Die Konjunkturabschwächung in der Eurozone wird weiterhin bestehen bleiben. Kein Faktor wie z.B. Krieg in der Ukraine, Lieferkettenprobleme ist gelöst. Die Schweizer Nationalbank hat ein grösseres Potential Zinsen zu heben, die Wachstumsperspektiven sind in der Schweiz besser und die Schweiz hat einen solide Leistungsbilanzüberschuss. Das sich eintrübende Umfeld stärkt den Franken zusätzlich als sichere Hafen Anlage.

Unser Fazit: Solange das oben genannte Szenario anhält, wird der Franken stark bleiben, es kann in den nächsten Monaten sogar passieren, dass er sich noch leicht aufwertet.

USD/CHF (22.09.2022 0.98)

Weiterhin stark zeigt sich der USD gegenüber dem CHF. Die hartnäckige und hohe Inflation in den USA zwingt die US-Notenbank zusehends zu einer früheren und stärkeren geldpolitischen Straffung. Ist der Zins in der Schweiz, trotz der ersten Zinserhöhung seit vielen Jahren, immer noch leicht negativ, ist das Bild in den USA ein anderes. Die Zinsdifferenz führt zu einem starken Dollar.

Quelle: Market Map und Financial Times.

Unser Fazit: Dies wird weiterhin so bleiben.

Mimi Haas, Lic. rer.pol. HSG, M.A. in Banking and Finance HSG, Partner

Öl

Konsolidierung des Ölpreises auf tieferem Niveau

Der Preis für ein Fass Öl der Sorte Brent ist im September unter 90 USD zurückgekommen. Die Preisspitze lag im März 2022 bei 139 USD pro Fass.  An der letzten OPEC- Sitzung vom 5. September 2022 wurde eine eher symbolische Produktionskürzung von 100'000 Fass Öl pro Tag für Oktober beschlossen. Dies als Vorsichtsmassnahme einem Überangebot möglichst frühzeitig entgegenzuwirken und aus Verunsicherung über die weitere Entwicklung der Nachfrage aufgrund der sich abzeichnenden Abkühlung der Weltwirtschaft. Über die Wintermonate könnte in der nördlichen Hemisphäre allerdings die Nachfrage nochmals anziehen.  

Dr. Patrick Huser, CEO

Unser Fazit: Wir erwarten, dass der absehbare globale Nachfragerückgang nach dem schwarzem Gold im Verlaufe des nächsten Jahres zu weiter sinkenden Ölnotierungen führen wird, aufgrund der bevorstehenden Wintersaison die Preise in den nächsten Monaten aber seitwärts tendieren.

Edelmetalle

US Realrenditen und starker Dollar belasten

Die andauernde Straffung der US-Geldpolitik setzen Gold (aktueller Kurs bei USD 1'660 pro Unze) und andere Edelmetalle unter Druck. Aber speziell das Gold bleibt im geopolitisch unsicheren Umfeld weiterhin zur Diversifikation gefragt. Stützend kommen zur Zeit Käufer auf den Plan, die die gesunkenen Preise zum Einstieg ins Gold nutzen. Die grossen Goldkonsumenten Indien und China haben die Importe erhöht wie auch die Zentralbanken die Zukäufe wieder erhöhten. Aufgrund der weltweit eingetrübten Konjunkturaussichten und schleppendem Wachstums in China und USA, ist der Bedarf der Industrie an Platin (aktueller Kurs bei USD 904 pro Unze) zur Zeit gesunken.

Quelle: ZKB

Andreas Betschart, Business Manager

Unser Fazit: Mittelfristig erhält Gold Chancen, sobald der Fed-Zinserhöhungszyklus abgeschlossen ist. Platin wird sich bei verbesserter Konjunkturlage weiter erholen.

Preisspanne Gold von 1'600 bis 1'800 USD je Unze und Platin von 850 bis 1'050 USD pro Unze.

Begrifferklärungen

bbl: 1 Barrell = 158,987294928 Liter
Bp:
Basispunkte
BIP: Bruttoinlandprodukt
BIZ: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ist eine Internationale Organisation des Finanzwesens. Eine Mitgliedschaft ist Zentralbanken oder vergleichbaren Institutionen vorbehalten.
CAIB:
Der CAIB basiert auf einer von Chefinvest entwickelten gewichteten Multifaktorberechnung, die anhand eines Scoringmodells laufend bewertet wird. Die Bandbreite beträgt -1 bis +1. Ein Minuswert deutet zukünftig auf eine höhere Wahrscheinlichkeit schwächerer Aktienrenditen hin und umgekehrt.
EM-Anleihen:
Anleihen von Schwellenländern. Ein Schwellenland ist ein Staat, der traditionell noch zu den Entwicklungsländern gezählt wird, aber nicht mehr deren typische Merkmale aufweist.
HY-Anleihen: Festverzinsliche Wertpapiere schlechterer Kreditqualität. Sie werden von den Ratingagenturen als BB+ oder schlechter eingestuft.
IG-Anleihen: Investment Grade Anleihen sind sämtliche Anleihen, die mit einer guten bis sehr guten Bonitätsnote (Rating) versehen sind. Als Investment Grade Bereich gelten die Rating Klassen AAA bis BBB-.
IHS Markit: Börsenkotiertes Dateninformationsdienstleistungsunternehmen
IWF: Der Internationale Währungsfonds (International Monetary Fund auch bekannt als Weltwährungsfonds) ist eine rechtlich, organisatorisch und finanziell selbständige Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in den USA.
KOF: Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich
LIBOR: London Interbank Offered Rate ist ein in London an allen Bankarbeitstagen unter bestimmten Bedingungen ermittelter Referenzzinssatz, der unter anderem als Grundlage für die Berechnung des Kreditzinses heran-gezogen wird.
OPEC:
Organisation erdölexportierender Länder (von englisch: Organization of the Petroleum Exporting Countries)
OPEC+: Die Kooperation mit Nicht-OPEC-Staaten wie Russland, Kasachstan, Mexiko und Oman.
oz: Die Feinunze wird für Edelmetalle als Masseinheit verwendet und entspricht 31,1034768 Gramm.
Saron: Der Swiss Average Rate Overnight ist ein Referenzzinssatz für den Schweizer Franken.
Seco: Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft
Spread: Differenz zwischen zwei vergleichbaren ökonomischen Grössen
Tona rate: Der Tokyo Overnight Average Rate oder Japanese Yen Uncollateralized Overnight Call Rate ist ein unbesicherter Interbanken-Übernachtzinssatz und Referenzzinssatz für den japanischen Yen.
WTI: West Texas Intermediate. Hochwertige US-Rohölsorte mit einem geringen Schwefelanteil

Disclaimer:

Die Informationen und Meinungen wurden von der Chefinvest AG produziert und können sich stets ändern. Der Bericht wird einzig zu Informationszwecken publiziert und ist weder ein Angebot noch eine Aufforderung, zum Kauf oder Verkauf irgendwelcher Wertpapiere oder einer spezifischen Handelsstrategie in irgendeiner Rechtsordnung. Er wurde ohne Berücksichtigung der Zielsetzungen, der finanziellen Situationen oder der Bedürfnisse eines bestimmten Anlegers erstellt. Obwohl die Informationen aus Quellen stammen, die Chefinvest AG für zuverlässig hält, wird keine Zusicherung gegeben, dass diese Informationen richtig und vollständig sind. Die Chefinvest AG übernimmt keine Haftung für Verluste, die aus dem Gebrauch dieses Berichtes entstehen. Die Kurse und Werte der beschriebenen Investitionen und die Erträge, die möglicherweise anfallen können, schwanken, steigen oder fallen. Nichts in diesem Bericht ist rechtliche, buchhalterische oder steuerliche Beratung oder eine Zusicherung, dass eine Anlage oder eine Strategie den persönlichen Umständen angemessen ist oder eine persönliche Empfehlung für spezifische Anleger. Die Devisenkurse und die Fremdwährungen können sich negativ auf den Wert, Preis oder Ertrag auswirken. Investitionen in Schwellenmärkte sind spekulativ und bergen ein beträchtlich höheres Risiko als Investitionen in etablierte Märkte. Die Risiken sind nicht notwendigerweise beschränkt auf: Politische und wirtschaftliche Risiken, sowie Kredit-, Währungs- und Marktrisiken. Die Chefinvest AG empfiehlt Anlegern, eine unabhängige Beurteilung der spezifischen finanziellen Risiken sowie der juristischen, kreditmässigen, steuerlichen und buchhalterischen Konsequenzen. Weder dieses Dokument noch eine Kopie davon dürfen in den Vereinigten Staaten und/oder in Japan versendet werden und sie dürfen auch keinem amerikanischen Staatsbürger ausgehändigt oder gezeigt werden. Ohne die Genehmigung der Chefinvest AG darf dieses Dokument weder ganz noch teilweise reproduziert werden.

Mehrwert schaffen
Erfolgreiche, interdisziplinäre Vermögensberatungskompetenz aus einer Hand.