Anlagekommentar
Juli 2022
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Schweiz

SNB handelt unabhängig

Die SNB hat ihren Leitzins Mitte Juni um 0.5% angehoben und dürfte ihn in den kommenden Quartalen weiter erhöhen. Sowohl zeitlich als auch in der Grössenordnung kam diese Erhöhung unerwartet. Sie zeigt, dass sich die Einschätzung der hiesigen Inflationsprognose deutlich verändert hat. Die restriktivere Geldpolitik der SNB stellt ein weiteres Abwärtsrisiko für die Schweizer Konjunktur dar, neben Liefernetzwerkstörungen und hohen Rohstoffpreisen. Die sehr tiefe Arbeitslosigkeit kurbelt den privaten Konsum zwar weiter an und die Exporttätigkeit ist nach wie vor stark. Die Konjunkturprognosen werden für dieses und nächstes Jahr trotzdem gekürzt, bewegen sich aber nach wie vor deutlich im positiven Bereich.

Die Inflationsprognosen der Nationalbank für 2023 liegen neu bei 1.9% und für 2024 bei 1.6%. Dies sollte sich in weiteren Zinserhöhungen niederschlagen, so dass der Leitzins bis Ende des Jahres im positiven Bereich notieren wird.

KOF Konjunkturprognose:

BIP 2022 + 2.8%
Inflation + 2.6%
SARON 3mt - 0.2% (SNB.ch)

Dino Marcesini, Partner

Unser Fazit: Das Umfeld ist für die Unternehmen anspruchsvoller geworden. Mit dem Krieg in der Ukraine und den erneuten Lockdowns in China wurden die bisherigen Liefernetzwerkstörungen und die Rohmaterialkosteninflation weiter verstärkt. Für das Gesamtjahr 2022 sind die meisten Umsatzprognosen für die Schweizer Unternehmen unverändert gut. Die bisherigen Preiserhöhungen wirken umsatzsteigernd und margenschonend. Dennoch sind einige Gewinnwarnungen für die zweite Jahreshälfte zu erwarten. Die steigenden Obligationenzinsen belasten die Aktienmärkte. Die Börse wird sehr volatil bleiben.

Schweiz

Europäische Union

Ende der Negativzinspolitik

Der Ukraine-Krieg und die hohe Inflation mit anhaltenden Problemen der globalen Lieferketten beeinträchtigen die relativ offene europäische Wirtschaft sehr stark und haben den Wachstumsausblick eingetrübt. Es wird jedoch immer noch ein moderates Wachstum verzeichnet. Der private Konsum hat bereits im 1. Quartal unter der hohen Inflation gelitten, da dies zu erheblichen Reallohnverlüsten der Konsumenten führte. Aufgrund von Lieferengpässen konnte die Industrie ihre Produktionskapazitäten nicht ausschöpfen.

Im Vergleich zum Vorquartal ist das saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2022 im Euroraum um 0.3% und in der Europäischen Union (EU) um 0.4% gestiegen. Im vierten Quartal 2021 war das BIP im Euroraum um 0.3% und in der EU um 0.5% gestiegen. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg im ersten Quartal 2022 gegenüber dem Vorquartal im 0.5% im Euroraum und in der EU um 0.4%. Im vierten Quartal 2021 war die Erwerbstätigkeit sowohl im Euroraum als auch in der EU um 0.4% gestiegen.

Die Gesamtinflationsrate in der Eurozone stieg im Mai auf 8.1%.  Der starke Anstieg der Energiepreise ist eine der Hauptursachen, jedoch hat sich der Preisdruck auf viele Güter des täglichen Lebens (Lebensmittel, Dienstleistungen, Wohnen und Reisen) ausgeweitet.

In der Eurozone hat sich das Wirtschaftswachstum im Juni wegen der stagnierenden Nachfrage auf ein 16-Monatstief verlangsamt. Der S&P Global Flash Eurozone Composite PMI sank binnen Monatsfrist um 2.9 Punkte auf 51.9, den tiefsten Wert seit Beginn des Aufschwungs vor 16 Monaten und die zweite Abschwächung in Folge. Erstmals seit 2 Jahren wurde die Industrieproduktion bedingt durch die anhaltenden Lieferengpässe gedrosselt und der Servicesektor hat sich spürbar abgekühlt.

Aktuelle Inflation (EZB/HICP) + 8.1% (05.22)
aktueller 3 Monats Libor - 0.176%
BIP-Wachstum 2022 + 2.8% (E)

Daniel Beck, Mitglied der Geschäftsleitung

Unser Fazit: Die Europäische Zentralbank (EZB) erwartet neu für das Jahr 2022 ein reales BIP-Wachstum von 2.8% sowie für 2023 als auch 2024 2.1%. Gegenüber der März-Prognose wurde der Ausblick für 2022 und 2023 um 0.9% bzw. 0.7% deutlich nach unten korrigiert. Für 2024 erfolgte eine Erhöhung um + 0.5%.

Material- und Lieferengpässe sowie hohe Energie- und Rohstoffpreisen werden den Handel und somit das Vertrauen und Wachstum weiterhin dämpfen. Gründe für ein Wirtschaftswachstum sind jedoch gegeben: andauernde Wiederöffnung der Wirtschaft, Reisefreiheit, gute Arbeitsmarktlage, finanzpolitische Unterstützung und während der Pandemie aufgebaute Ersparnisse. Nach Abflauen des derzeitigen Gegenwindes dürfte die Wirtschaftstätigkeit wieder anziehen.

Die EZB hat anlässlich ihrer Juni-Sitzung die Inflationsprognosen deutlich angehoben. Für das laufende Jahr wird die jährlich Inflationsrate bei 6.8%, 2023 bei 3.5% und 2024 bei 2.1% liegen. Die durchschnittliche Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel wird den Projektionen zufolge 2022 3.3%, 2023 2.8% und 2024 2.3% betragen.

Für Juli kündigte die EZB die erste Leitzinsanhebung seit 11 Jahren um 25 Basispunkte (Bp) auf 0.25% an. Das Ende der milliardenschweren Anleihekäufe stellte die EZB bereits zum 1. Juli ein. Um jedoch eine Fragmentierung der Eurozone zu verhindern, hat die EZB angekündigt, Reinvestitionen im Rahmen des Pandemie-Notfallprogramms (PEPP) einzusetzen. Die EZB wird bei der geldpolitischen Normalisierung aufs Tempo drücken, denn von einer Entspannung des Preisdruckes kann noch keine Rede sein. Für September gehen wir bei einem anhaltenden Preisauftrieb von einer weiteren Zinserhöhung um 50 Bp aus. Die Zinswende der EZB ist an den Finanzmärkten bereits eingepreist und die Erwartungen deuten rasch steigende Zinsen an. An den Märkten wird aktuell mit Leitzinsanhebungen im Euroraum von 200 Bp innerhalb eines Jahres gerechnet. Mit aller Deutlichkeit zeichnet sich das Ende der Negativzinspolitik ab.

Europäische Union

United Kingdom

USA

Das Fed hält die Inflationserwartungen im Schach

Im Juni ist der Gesamt-Einkaufsmanagerindex (Composite PMI) für die USA von 53.6 im Mai auf 51.2 gefallen. Die Dienstleistungskomponente fiel dabei von 53.4 auf 51.6 und die Industriekomponente von 57 auf 52.7. Damit zeichnet sich eine Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität aber noch keine Rezession in 6 Monaten ab (Werte über 50 signalisieren ein Wirtschaftswachstum). Gemäss Factset wird für die S&P 500 Unternehmen ein Gewinnwachstum von 4.1% im 2 Quartal 2022 erwartet, was vor allem von den Energieunternehmen getrieben ist. Das Kurs-/Gewinnverhältnis des S&P 500 auf Basis der für die nächsten 12 Monaten erwarteten Gewinne beträgt 15.8 was 15% unter dem Fünfjahresdurchschnitt von 18.6 und 6.5% unter dem Zehnjahresdurchschnitt ist. Die Arbeitslosigkeit im Mai betrug wie bereits in den zwei Vormonaten niedrige 3.6%. Der Arbeitsmarkt ist sehr robust, fielen doch auf jeden Arbeitssuchenden zwei offene Stellen. Die Inflation erreichte im Mai 8.6%, ein Plus von 0.3% gegenüber dem Aprilwert, welcher noch gegenüber der Rate im März mit 0.2% rückläufig war. Die Zentralbank (Fed) hat daraufhin den Fed Fund Rate (Leitzins) an seiner Sitzung vom 15.6. um 0.75% auf 1.75% angehoben und weiter entschiedene Zinsschritte in Aussicht gestellt. Mittlerweile wird erwartet, dass der Leitzins bis Ende Jahr auf insgesamt 3.25% bis 3.5% erhöht wird. Die ‘Forward Guidance’ des Fed beschleunigt den Anpassungsprozess. Konsequenterweise hat das Fed die Wachstumsprognose für die US Wirtschaft auf 1.75% reduziert. Während die Inflationsrate im 2021 4.69% betrug, wird für das laufende Jahr ein Durchschnittswert von 7.68% erwartet. Für 2023 wird dann ein deutlicher Rückgang auf 2.85% und für 2024 auf 2.26% prognostiziert (siehe auch Chart von Statista). Aufgrund der Inflation und steigenden Zinsen erwarten die meisten Analysten mit einer Wahrscheinlichkeit von 40% in den nächsten 12 Monaten eine Rezession. Eine leichte Rezession scheint nun in den Aktienkursen bereits eingepreist. Der S&P 500 Index hat im ersten Halbjahr 21% eingebüsst, was die schlechteste Halbjahresperformance seit 1970 darstellt. Gegenbewegungen aufgrund eines übertriebenen Pessimismus sind daher zu erwarten und jederzeit möglich (der S&P 500 legte im zweiten Halbjahr 1970 27% zu).    

Aktuelle Inflation + 8.6%
Fed Fund Rate + 1.75%
BIP 2022 (E, IWF) + 2.9%

Dr. Patrick Huser, CEO

Unser Fazit: Wir erwarten, dass sich das Wirtschaftswachstum zwar abschwächt, die Nachfrage aber genügend gross bleibt, dass sie die Zinserhöhungen absorbieren kann. Durch die Wachstumsunsicherheiten bleiben die Märkte in den nächsten Wochen volatil. Sobald sich die Inflationszahlen zurückbilden, ist eine starke Gegenbewegung zu erwarten.

China

Morgenröte in Sicht

Die rigorosen Eindämmungsmassnahmen wurden vielerorts abgebaut, was zu einer Konjunkturerholung geführt hat. Die Produktion scheint rasch zu alter Stärke zu finden. Der Konsum hingegen läuft eher träge an. Diese Entwicklung war schon nach früheren Ausbrüchen zu beobachten und wegen anhaltender Pandemiesorgen dürfte sich dieses Muster im Jahresverlauf fortsetzen. Die Lokalregierungen sind angehalten, Investitionen in die Infrastruktur bis Ende August zu tätigen. Gleichzeitig ist die geldpolitische Lockerung voll im Gang. Die Interbanksätze sind deutlich gesunken und die Regierung weist die Banken an, die Kreditvergabe stärker auszuweiten. Dank der Lockerungen der Corona Einschränkungen sollten sich die Stimuli im 3. Quartal entfalten können, was zu einem ansprechenden Wirtschaftswachstum führen wird. Der PMI Composite, welchen den Industrie- und Dienstleistungssektor kombiniert, hat im Juni von 42.2 auf 55.3 bereits deutlich zugelegt.

BIP 2022 + 4.5%
Inflation + 2.2%
Central Bank Base Interest Rate 3Mt. + 3.7%

Dino Marcesini, Partner

Unser Fazit: China’s Wirtschaft wird im Gegensatz zu den westlichen Industrieländern zur Zeit von einer expansiven Geldpolitik unterstützt. Dies sollte auch zu einer Stabilisierung des stark angeschlagenen Immobilienmarkt beitragen und den Inlandkonsum ankurbeln. Die Exporttätigkeit könnte sich aber gegen Enden des Jahres von der sich eintrübenden Wirtschaftsdynamik wichtiger Handelspartner abschwächen. Der Aktienmarkt konnte sich von den Tiefstständen lösen.

Japan

Alles gut in Japan?

Im ersten Halbjahr 2022 kann sich das Wirtschaftswachstum in Japan leicht erholen. Die Entwicklung ist allerdings nicht gradlinig nach oben. Lieferkettenprobleme und die geopolitischen Herausforderungen beeinflussen nach der Pandemie weiterhin die Lage. Zum Beispiel hat die Industrieproduktion im Mai 2022 verglichen mit dem Vormonat so stark nachgegeben wie seit zwei Jahren nicht mehr (Produktion ist um 7.2% gesunken, erwartet von den Analysten waren 0.3%). Im Bereich des Konsums, des BIPs und des Aussenhandels sieht es nicht viel anders aus. In vielen Bereichen sind Investitionen dringend notwendig, um eine nachhaltige Erholung von Japan voranzutreiben. Für das Jahr 2022 wird das Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts weiterhin auf rund 2.39% gegenüber dem Vorjahr prognostiziert. 

Japans Inflation war in den ersten Monaten dieses Jahres noch kein Problem, als in der westlichen Welt die Zahlen bereits stiegen. In den letzten Monaten war allerdings auch hier zu sehen, dass diese anfängt zu steigen und auch hier das Finanzgleichgewicht immer mehr aus den Fugen gerät. 

Mimi Haas, Lic. Rer.pol. HSG, M.A. in Banking and Finance HSG, Partner

Unser Fazit: Japanische Aktien sind in diesem Umfeld nicht zum Kauf zu empfehlen. 

Schwellenländer

Licht und Schatten

Die meisten Zentralbanken in Osteuropa und Lateinamerika nehmen schon seit vergangenem Jahr massiv Zinserhöhungen vor, wohingegen die asiatischen Währungshüter bisher zögerlich vorgegangen sind. Die Binnennachfrage ist nach wie vor kräftig, was zu einem Inflationsanstieg führt. Deswegen werden die Zentralbanken die Zinsen weiter anheben müssen. Doch die Realzinsen notieren in praktisch allen Schwellenländern im negativen Bereich. Gleichzeitig haben die Leistungsbilanzen aufgrund der Erholung der Binnennachfrage vom Überschuss ins Defizit gedreht. Das Risiko von Währungsabwertungen hat zugenommen. Länder mit hohen USD Schulden werden Schwierigkeiten bekunden, den Zinsendienst zu leisten.

Dino Marcesini, Partner

Unser Fazit: Die asiatischen Länder werden die Leitzinsen kräftig anheben müssen um die drohende Inflation zu bändigen. Dies dürfte die Wirtschaftsdynamik hemmen und den Binnenkonsum eindämmen. Die Aktienmärkte wiesen in den letzten Jahren eine unterdurchschnittliche Performance auf und erscheinen auf dem jetzigen Niveau eher günstig.

Schweiz

Aktien

Wann wird es Licht am Ende des Tunnels?

Es fällt nicht schwer, die Marktentwicklung in der ersten Jahreshälfte 2022 mit Sorge zu betrachten: Die gekoppelte Angst vor galoppierender Inflation und vor der Rezessionsgefahr der Wirtschaft wird für diese Marktrückgänge verantwortlich gemacht.  Der abrupte Schwenk der Fed zu einer stark hawkischen Haltung wirkte zusätzlich als Brandbeschleuniger, der den steilen Rückgang des Marktes im Jahr 2022 angetrieben hat. Und angesichts der Wahrscheinlichkeit, dass wir 2022 zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem US-BIP-Wachstum erleben werden, wird für die Börsen auch keine wahre Unterstützung bieten. Der Anleger stellt sich nun folgende Frage:

Werden die Märkte wieder an Stärke gewinnen, wenn die Inflation sinkt, oder werden die Massnahmen der Zentralbanken das Wirtschaftswachstum weltweit zu stark abwürgen?

Auch wenn die Unternehmensgewinne weltweit nach der letztjährigen massiven Anstieg für die Jahre 2022-2023 moderater ausfallen werden und im Moment sich die tonangebende US-Wirtschaft etwas verlangsamt, ist eine Weltrezession noch nicht wahrscheinlich. Es ist zu erwarten, dass sich die westliche Wirtschaft aufgrund der globalen Rahmenbedingungen neu formiert. Die Daten für das verarbeitende Gewerbe in vielen Länder zeigen, dass die Auftragseingänge zwar etwas abnehmen, aber die Mehrheit der Unternehmen weiterhin qualifiziertes Personal einstellt. Gegenwärtig nehmen Produktion und Beschäftigung weiter zu. Dies spricht gegen eine Rezession. Somit ist zur Zeit die Gefahr einer zu starken Drosselung der Wirtschaft nicht gegeben und eine Senkung der Inflation wird für die Märkte ein positives Signal sein.

Was ist derzeit in den Märkten eingepreist?

Der starke Rückgang von über 20% des S&P, den schlechtesten Start seit 1970, hat die Anlegergemeinde geschockt. Auch der Anleihemarkt konnte keine Unterstützung bieten und hat ebenso einen Rekordverlust erlitten: Der US Aggregate Bond Index verzeichnete in dergleichen Periode einen historischen Einbruch von über 10% (siehe Rubrik Zinsen). Der Bondmarkt ist somit wieder konkurrenzfähig geworden und dürfte einen Teil des Risikokapitals abwerben können.  Was aber die Aktienmärkte betrifft: Solange die Zinssätze nicht zurückgehen, haben die Märkte einen erheblichen Gewinnrückgang noch nicht vollständig eingepreist. Somit halten wir es für wahrscheinlich, dass weltweit noch keine Rezession erwartet wird. Sollte diese dennoch eintreten, sind weitere Aktienmarktrückgänge von bis zu weiteren 15% möglich.  Sollte sich aber die Wirtschaft robuster zeigen und weniger als die aktuellen Prognosen einbrechen, zum Beispiel in dem sie sich schnell an die neuen Rahmenbedingungen anpasst, kann ein plötzlicher Rebound eintreten. Somit legt das Pricing der Märkte nahe, dass eine langsame Abschwächung der Wirtschaft erwartet wird. Die europäischen Börsenwerte wurden aufgrund der geografischen Lage zu Russland und deren Wirtschaftsverbindungen etwas stärker abgestraft und dürften im Falle eine Rebounds stärkere Resultate liefern. In Europa dürfte somit eine leichte Rezession in den Aktienmärkten bereits eingerechnet sein.

Welche Aktienstrategie soll aktuell verfolgt werden?

Die Märkte haben seit Jahresbeginn Wachstumswerte stärker abgestraft, als Industrie- und zyklische Aktien. Dagegen konnten die sogenannten "Dividendenaristokraten", d. h. die Unternehmen mit der grössten Erfolgsbilanz beim Dividendenwachstum, in diesem schlechten Umfeld sich besser halten und kompensierten damit die schwache Performance in den Jahren 2020 und 2021, die von Technologie- bzw. zyklischen Werten dominiert wurden. Aktuell deutet vieles darauf hin, dass diese defensiven einkommensorientierten Aktien immer noch bis Ende Jahr im Fokus sind. Was die Aussichten für hochwertige Wachstumsaktien in Technologiebereich oder anderen Sektoren angeht, ist eine erkennbare Stabilisierung der US-Zinsen abzuwarten. Wir rechnen damit, dass spätestens im 2023 die Anleger wieder Gefallen an diesen Aktien finden und Aktien in angeschlagenen Wachstumsbranchen akkumulieren werden, die 20% oder mehr gefallen sind, ohne dass es zu einem nennenswerten Rückgang der Geschäftstätigkeit kam. Immerhin dürften weniger zyklische Technologieinvestitionen wie Software und Telekommunikationsdienste ein kontinuierliches Umsatzwachstum und höhere Cashflows auch in diesen Zeiten verzeichnen.

Rico Albericci, CEFA

Unser Fazit: Unser Modell (CAIB) zeigt gesamtheitlich und kurzfristig auf diesem Niveau eine leicht negative Tendenz von -0.04 bei einer Spanne von -1 und +1 an. Auf 12 Monate weist der CAIB mit +0.10 ein positiveres Chancenprofil aus. Einerseits trüben die schwächeren Konjunkturprognosen für 2022 und 2023 das Bild negativ ein. Andererseits sind diese Erwartungshaltungen vor allem in den europäischen Aktienmärkten bereits eingearbeitet. So liegen die durchschnittlichen Kurs-Gewinn Schätzungen für 2023 der führenden europäischen Aktienmärkte zum Teil deutlich unter deren der amerikanischen aber auch den asiatischen Börsen.

Kurzfristig setzten wir auf Titel mit einer höheren Dividende, die auch in den Folgejahren gehalten oder gesteigert werden kann, sowie Aktien, die der Value Strategie entsprechen. Bei einer Sicht von 12 Monaten raten wir nach wie vor zum Zukauf der Wachstumsaktien der Branchenführer, die in diesem Jahr einem Ausverkauf ausgesetzt waren. Wir raten Anlegern, die bereits mehrheitlich in Wachstumsaktien investiert sind, diese Beteiligungen auf deren Geschäftsmodell und Wettbewerbsposition zu prüfen, um das Portfolio für die Kurschancen in 2023 optimal zu positionieren. Regional gesehen bieten vor allem die europäischen Märkte einen höheren "Überraschungseffekt».

Zinsen

Anleihen: Zinsen in der Achterbahn?

Staatsanleihen (neutral)

Wir sehen die Staatsanleihen nicht mehr so negativ wie bei unserm letzten Anlagekomitee und haben diese auf Neutral hoch genommen. Die amerikanische Zentralbank hat ihre Zinserhöhungen klar beschleunigt und hat im Juni mit dem sogenannten «Quantitativen Tightening» begonnen, einer restriktiveren Geldpolitik über eine Reduktion ihrer Zentralbankbilanz, aber auch über Anleihensverkäufe. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ebenfalls Zinserhöhungen angekündigt. Die Inflation, das verlangsamte Wachstum der Wirtschaft ist schon in den Bewertungen drin.

Unser Fazit: Die Fed hat noch Spielraum, die Zinsen anzuheben. In Europa und in der Schweiz ist das Wachstum durch den Konflikt in der Ukraine stärker beeinflusst. Die Zinsen sind seit anfangs Jahr schon stark gestiegen. Globale Staatsanleihen dürften ähnliche Erträge generieren wie Geldmarktitel und wir bevorzugen eine Duration nahe am Benchmarkniveau. Wir bevorzugen Staatsanleihen aus den Kernländern in Europa gegenüber den der Peripherieländern.

Investment-Grade-Anleihen (neutral)

Wir rechnen mit einer begrenzten Spread Ausweitung, welche durch positive Zinserträge ausgeglichen werden kann. Institutionelle Investoren fangen an langsam dieses Segment wieder in Ihre Asset Allokation aufzunehmen und zu investieren.

Unser Fazit: Bei einer Kombination von höheren Zinsen und schwächerem Wachstum von Konjunktur und Unternehmensgewinnen, bevorzugen wir IG Anleihen mit kurzer Duration in USD und EUR. Wir bewerten dieses Segment aber weiterhin mit neutral.

High-Yield-Anleihen (neutral)

Wir bleiben bei unserer neutralen Einschätzung und bevorzugen qualitative hochwertige Segmente. Der Druck auf die HY-Anleihen kann sich durch die gesamte Lage erhöhen. Dies ist bedingt durch eine Abnahme der Nachfrage nach diesen Papieren, potentiell eine höhere Wahrscheinlichkeit der Ausfallraten und schwierigere Finanzierungsbedingungen.

Unser Fazit: Unter den gegebenen Bedingungen sind wir neutral.

Schwellenländeranleihen in Hartwährungen (vorsichtig attraktiv)

Die derzeit hohe Rendite des JP Morgan Emerging Market Bond Index Global (7.7% Rendite auf Verfall) bietet zusammen mit den immer noch erhöhten Spreads einen interessanten Renditevorteil gegenüber US-Treasuries, um die Risiken zu kompensieren. Viele EM-Zentralbanken haben ihre Zinssätze bereits angehoben und der Anstieg der US Zinsen sollte sich verlangsamen. Daher ist davon auszugehen, dass die Erträge von EM-Anleihen in der Lage sein werden, höheren 10-jährigen US-Renditen standzuhalten. Die Risiken sind aber weiterhin durch die Stimmung und den Kapitalflüssen geprägt.

Unser Fazit: Wir bevorzugen ein diversifiziertes Engagement und haben keine regionalen Präferenzen.

Mimi Haas, Lic. Rer.pol. HSG, M.A. in Banking and Finance HSG, Partner

Währungen

Im Spielfeld der geopolitischen Lage und der Zentralbanken.

EUR / USD (aktuell 1.04)

Der Euro fällt weiterhin gegenüber dem Greenback, der als sicherer Hafen gilt. Die EZB hat weiterhin als eine der wenigen wichtigen Zentralbanken darauf verzichtet sich über die geldpolitischen Schritte zu äussern. Die schlechte Stimmung an den Finanzmärkten, die Rezessionsängste und die Inflation belasten weiterhin den EUR.

Unser Fazit: Die erwartete Zinsdifferenz und die geopolitische Lage stärken den Dollar weiterhin.

EUR/CHF (aktuell 1.00)

Der CHF bleibt weiterhin hoch und hat die Parität erlangt, obwohl die SNB begonnen hat über die letzten Wochen leicht zu intervenieren. Die EUR-Schwäche und die Ängste lassen den CHF wieder steigen als eine Safe-Heaven-Währung. Ausserdem hat die überraschende Entscheidung der SNB die Zinsen zu erhöhen, mit der Aussicht dies weiterhin zu tun, den CHF beeinflusst.

Unser Fazit: Die Frankenstärke wird anhalten im jetzigen Umfeld.

USD/CHF (aktuell 0.96)

Der USD hat sich in den letzten Wochen leicht gegenüber dem CHF abgewertet, nachdem die SNB überraschend die Zinsen angehoben hat. Der Schweizer Franken gilt aufgrund seines Finanzsystems als sicherer Hafen, der Dollar hat auch diese Funktion. In den Zeiten globaler wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheit trauen die Investoren aber eher dem CHF, darum diese leichte Abwertung.

Unser Fazit: Wir gehen davon aus, dass dies weiterhin so bleibt.

Mimi Haas, Lic. Rer.pol. HSG, M.A. in Banking and Finance HSG, Partner

Öl

Russisches Öl findet neue Abnehmer

An der virtuellen Sitzung der OPEC+ vom 30.06.2022 wurde eine Erhöhung der Produktion im August wie schon im Juli von 648'000 Fass Öl pro Tag beschlossen. Damit nähert sich die Produktion der OPEC+ der Zeit vor der Pandemie. Das Problem ist derzeit aber noch, dass die zugewiesenen Förderquoten von gewissen Ländern nicht ausgeschöpft werden können (die OPEC lag deshalb Ende April noch 850'000 Fass Öl pro Tag unter der angekündigten Quote). Russisches Öl findet derzeit mit Abschlägen von 25 - 30% zur Sorte Brent immer mehr Abnehmer in asiatischen Ländern (z.B. China und Indien).

Dr. Patrick Huser, CEO

Unser Fazit: Wir erwarten, dass der absehbare Nachfragerückgang auf der einen Seite und die angekündigte Angebotsausweitung auf der anderen Seite die Ölpreise der Sorte Brent und WTI im Verlaufe des zweiten Halbjahrs 2022 auf ca. 80 USD pro Fass sinken lassen.  

Edelmetalle

Gold im Gegen- und Platin im Aufwind?

Steigende Zinsen und ein starker US Dollar konkurrenzieren das Gold, wogegen sich Platin positiver entwickelt dank geringerer Überproduktion und steigender Nachfrage im Katalysatorbereich. Auch soll in diesem Markt vermehrt Platin als Ersatz vom teuren Palladium dienen.

Andreas Betschart, Business Manager

Unser Fazit: Gold erhält Konkurrenz durch die steigenden Zinsen als Inflationsschutz und einen festen Dollar. Platin dagegen sollte über die kommenden Monate und je nach Wirtschaftsverlauf (Lieferketten) erstarken.

Preisspanne Gold von 1'700 bis 1'850 USD je Unze und Platin von 850 bis 1'050 USD pro Unze.

Begrifferklärungen

bbl: 1 Barrell = 158,987294928 Liter
Bp:
Basispunkte
BIP: Bruttoinlandprodukt
BIZ: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ist eine Internationale Organisation des Finanzwesens. Eine Mitgliedschaft ist Zentralbanken oder vergleichbaren Institutionen vorbehalten.
CAIB:
Der CAIB basiert auf einer von Chefinvest entwickelten gewichteten Multifaktorberechnung, die anhand eines Scoringmodells laufend bewertet wird. Die Bandbreite beträgt -1 bis +1. Ein Minuswert deutet zukünftig auf eine höhere Wahrscheinlichkeit schwächerer Aktienrenditen hin und umgekehrt.
EM-Anleihen:
Anleihen von Schwellenländern. Ein Schwellenland ist ein Staat, der traditionell noch zu den Entwicklungsländern gezählt wird, aber nicht mehr deren typische Merkmale aufweist.
HY-Anleihen: Festverzinsliche Wertpapiere schlechterer Kreditqualität. Sie werden von den Ratingagenturen als BB+ oder schlechter eingestuft.
IG-Anleihen: Investment Grade Anleihen sind sämtliche Anleihen, die mit einer guten bis sehr guten Bonitätsnote (Rating) versehen sind. Als Investment Grade Bereich gelten die Rating Klassen AAA bis BBB-.
IHS Markit: Börsenkotiertes Dateninformationsdienstleistungsunternehmen
IWF: Der Internationale Währungsfonds (International Monetary Fund auch bekannt als Weltwährungsfonds) ist eine rechtlich, organisatorisch und finanziell selbständige Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in den USA.
KOF: Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich
LIBOR: London Interbank Offered Rate ist ein in London an allen Bankarbeitstagen unter bestimmten Bedingungen ermittelter Referenzzinssatz, der unter anderem als Grundlage für die Berechnung des Kreditzinses heran-gezogen wird.
OPEC:
Organisation erdölexportierender Länder (von englisch: Organization of the Petroleum Exporting Countries)
OPEC+: Die Kooperation mit Nicht-OPEC-Staaten wie Russland, Kasachstan, Mexiko und Oman.
oz: Die Feinunze wird für Edelmetalle als Masseinheit verwendet und entspricht 31,1034768 Gramm.
Saron: Der Swiss Average Rate Overnight ist ein Referenzzinssatz für den Schweizer Franken.
Seco: Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft
Spread: Differenz zwischen zwei vergleichbaren ökonomischen Grössen
Tona rate: Der Tokyo Overnight Average Rate oder Japanese Yen Uncollateralized Overnight Call Rate ist ein unbesicherter Interbanken-Übernachtzinssatz und Referenzzinssatz für den japanischen Yen.
WTI: West Texas Intermediate. Hochwertige US-Rohölsorte mit einem geringen Schwefelanteil

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